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Hintergrund zur Bekämpfung von Antisemitismus

Ein trauriges Beispiel für Antisemitismus ist der Überfall auf Daniel Alter im August 2012. Auf dem Nachhauseweg mit seiner siebenjährigen Tochter wurde der Rabbiner von arabischstämmigen Jugendlichen mit den Worten „Bist Du Jude?“ angesprochen. Als er dies bejahte, prügelte die Gruppe ihn vor den Augen seiner Tochter krankenhausreif.

Ein Schwerpunkt von meet2respect ist der Abbau und die Prävention von antisemitischen Einstellungen, die bei Muslimen und Musliminnen auf politische Haltungen zum Nahostkonflikt gründen können. Mit dem Überfall auf Rabbiner Daniel Alter in Berlin, aber insbesondere auch nach den Anschlägen in Paris und Kopenhagen, hat die Angst von in Deutschland lebenden Juden vor Angriffen aus der muslimischen Bevölkerung zugenommen. Dies wurde beispielsweise im Februar 2015 deutlich, als der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, jüdischen Menschen empfahl, in Stadtvierteln mit hohem muslimischem Anteil keine Kippa zu tragen. Die Anzahl der Straftaten mit Bezug zum Israel-Palästina-Konflikt ist von 41 im Jahr 2013 auf 525 im Jahr 2014 angestiegen.[1]

Im gesellschaftsorientierten Führungskräfte-Programm des gemeinnützigen Vereins Leadership Berlin – Netzwerk Verantwortung begegneten sich der Rabbiner und Antisemitismusbeauftragte der Jüdischen Gemeinde, Daniel Alter, und der in vier Berliner Moscheegemeinden tätige Imam Ferid Heider. Es entstand die Idee, unter dem Dach von Leadership Berlin regelmäßig gemeinsame Schulbesuche von Imamen und Rabbinern zu organisieren, bei denen sich die Tandems in mehrheitlich muslimischen Schulklassen gegen Gewalt und Diskriminierung Andersgläubiger aussprechen.

Wichtig ist uns dabei das gemeinsame, freundschaftliche Auftreten der  Gesprächspartner der beiden mitunter als unvereinbar geltenden Religionsgemeinschaften. Wir haben uns bewusst für das Tandem-Modell entschieden und nicht für Begegnungen mit drei Vertretern der abrahamitischen Religionen zugleich, um pointiert dieses scheinbar problematische Verhältnis ins Zentrum zu rücken. Wir wollen auch nicht in erster Linie einen Praxis-Beitrag zur Religionskunde liefern, sondern einen konkreten Beitrag zum Abbau und zur Prävention von Antisemitismus sowie allgemein von Intoleranz, Diskriminierung und Gewalt gegenüber Andersgläubigen und Andersdenkenden.


[1] 15.06.2015: Antwort des Innenministeriums auf eine schriftliche Anfrage des MdB Volker Beck zu antisemitischen und antiisraelischen Straftaten 2014 und der Motivation der Täter, einsehbar unter: www.volkerbeck.de/wp-content/uploads/2015/06/150630_Reader_Volker_Beck_Antisemitismus2015.pdf

 

Hintergrund zur Bekämpfung von antimuslimischem Rassismus und Islamfeindlichkeit

Im Jahr 2019 gab es 871 Angriffe auf Musliminnen und Muslime sowie deren Einrichtungen, wie aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke, hervorgeht. Bei den Anschlägen auf zwei Shishabars in Hanau im Februar 2020 wurden neun Personen aus rassistischen Motiven getötet.

Laut der Leipziger Autoritarismus-Studie von 2018 fühlen sich in Deutschland 55 Prozent der Menschen durch die vielen Muslime fremd im eigenen Land. Und gemäß dem Bertelsmann-Religionsmonitor 2019 sehen 51 Prozent der Menschen in  West- und 58 Prozent der Menschen in Ostdeutschland den Islam als Bedrohung an. Die Zahl ist für Ostdeutschland unter den sechs Vergleichsländern am höchsten, wobei es sich gleichzeitig um die Region mit den wenigsten Muslimen handelt. Gleichzeitig geht aus der Studie hervor, dass Menschen, die Kontakt mit Angehörigen anderer Religionen haben (dies werden in Deutschland zumeist Muslime als größte religiöse Minderheit sein), eine geringere Bedrohungswahrnehmung gegenüber dem Islam aufweisen. Ebenfalls wird ersichtlich, dass die Bedrohungswahrnehmung zu einer Abwertung und gefühlten sozialen Distanz von Muslimen führt.

Für die Konstrukte „Ausländer“ und „Fremde“, die über Zuschreibungen als Gruppe definiert und bei gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit ideologisch als ungleichwertig markiert werden, lassen sich ähnliche Aussagen treffen. So halten 44,6 Prozent der Menschen in Ostdeutschland und 33,3 Prozent derjenigen in Westdeutschland die Bundesrepublik durch „Ausländer“ in einem gefährlichen Maß für überfremdet (Leipziger Autoritarismus-Studie von 2018).

Die parasozialen Kontakte über einen Medienkonsum, der den Islam häufig als Bedrohung oder unter Betonung negativer Stereotype darstellt, sollen in unseren Workshops durch reale Begegnungen und Erfahrungen ersetzt werden. Gerade dort, wo keine persönlichen Bekanntschaften bestehen, gedeihen Vorurteile und es entstehen Berührungsängste. Durch unsere Arbeit wollen wir einer pauschalen Ablehnung des Islams, „der Muslime“ bzw. „des Fremden an sich“, „der Ausländer“ oder auch „der Juden“ entgegengewirken.